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Warum Aufsichtsräte das sehen müssen, was CEOs nicht sehen

Warum Aufsichtsräte das sehen müssen, was CEOs nicht sehen

In europäischen Aufsichtsräten hört man oft dieselben Aussagen von CEOs: „Wir sind gut geführt. Unser Management funktioniert. Die Organisation ist in guter Verfassung.“

Aufsichtsräte möchten das glauben. CEOs möchten dieses Bild vermitteln.

Und Organisationen möchten Stabilität signalisieren – besonders nach außen.

Doch unter dieser Oberfläche liegt eine Realität, die in vielen europäischen Unternehmen kaum jemand erkennt: Die meisten Organisationen sind nicht schlecht geführt, sondern ungeführt – sie funktionieren, aber nicht auf der Basis von bewusstem, professionellem, kohärentem Management.

Ungeführt ist tückisch:

Es zeigt sich nicht als Krise, nicht als Skandal, nicht als offener Kontrollverlust.

Es zeigt sich als schleichende Begrenzung von Leistungsfähigkeit, Transformation und organisationaler Widerstandskraft.

Für Aufsichtsräte stellt dies ein materielles Governance-Risiko dar.

Denn ungeführte Zustände sind unsichtbar – außer man hat die richtigen Instrumente.

Dieser Artikel beleuchtet aus der Perspektive des Aufsichtsrats, warum CEOs oft nicht sehen, was für die Aufsicht so relevant wäre, weshalb ungeführte Zustände den Unternehmenserfolg gefährden und wie die Globale Executive Umfrage, Organisationszwillinge und die Methodik des Buches Unmanaged Aufsichtsräten neue Möglichkeiten geben, ihren Mandaten gerecht zu werden.

Der Kernsatz lautet:

Ein Aufsichtsrat kann nur das steuern, was er sieht. Und viele zentrale Managementmuster sind bislang unsichtbar.

Das Governance-Paradox: CEOs sind sicher – Aufsichtsräte müssen neugierig sein

Aufsichtsgremien verlassen sich stark auf die Wahrnehmung des CEOs.

Doch moderne Führungssysteme erzeugen ein Paradox:

  • Der CEO ist überzeugt, weil das System Gewissheit belohnt.
  • Der Aufsichtsrat braucht Klarheit – erhält aber oft nur Überzeugung.

Zwischen diesen beiden Polen entsteht die zentrale Governance-Herausforderung unserer Zeit.

In europäischen Aufsichtsräten beobachtet man häufig:

  • CEOs glauben fest an ihr Management.
  • Führungsteams berichten Alignment und Stärke.
  • Strategiepapiere zeigen kohärente Pläne.

Gleichzeitig beobachten die Gremien:

  • zähe Umsetzung,
  • wiederkehrende Transformationsblockaden,
  • kulturelle Ermüdung,
  • überhöhte Belastung einzelner Führungskräfte,
  • Innovationshemmnisse trotz Investitionen.

Der Aufsichtsrat spürt: Etwas stimmt nicht – doch das eigentliche Problem bleibt verborgen.
Warum?

1. CEOs sehen nicht, was Aufsichtsräte erwarten würden.

Nicht wegen Inkompetenz, sondern weil Informationen politisiert, gefiltert und verkürzt nach oben wandern.

2. Leadership-Teams schützen die Organisation vor Unsicherheit.

Informationen werden harmonisiert – nicht um zu täuschen, sondern um Stabilität zu bewahren.

3. Managementqualität wird vorausgesetzt, aber selten überprüft.

Aufsichtsräte prüfen Strategie, Finanzen, Risiko, Governance und Kultur – aber kaum je die Qualität der Managementpraktiken.

4. Transparenz ist für CEOs identitäts- und machtpolitisch heikel.

Über ungeführte Zustände zu sprechen, kann als Schwäche ausgelegt werden – besonders im europäischen Kontext.

Damit entsteht eine gefährliche Situation:

Der Aufsichtsrat trägt Verantwortung für Performance, sieht aber oft nicht die Managementmuster, die diese Performance prägen.

Was „ungeführt“ wirklich bedeutet – und warum es ein Governance-Risiko ist

Ungeführt ist nicht Mismanagement.

Es ist kein Chaos.

Es ist kein Führungsversagen.

Ungeführt bezeichnet die Lücke zwischen Unternehmensdesign und Unternehmensrealität.

Es ist eine Organisation, die funktioniert – aber nicht durch professionelle, systematische Managementpraktiken, sondern durch:

  • individuelle Kompensation,
  • historische Routinen,
  • stille Vereinbarungen,
  • lokale Improvisation,
  • informelle Machtstrukturen.

Für Aufsichtsräte zeigt sich ungeführt durch Symptome:

  • langsame Umsetzung,
  • überlastete Schlüsselpersonen,
  • unklare Verantwortlichkeiten,
  • strategische Verschiebungen ohne Fortschritt,
  • Workshops und Programme ohne Wirkung,
  • Innovation, die trotz System statt dank System entsteht.

Diese Symptome werden oft als „Komplexität“ oder „Wandel“ erklärt.

Doch tatsächlich weisen sie auf ein strukturelles Problem hin:

Das Managementsystem erfüllt seine Funktion nicht.

Und das ist ein Governance-Thema.
Denn ungeführte Zustände gefährden:

  • operative Leistung,
  • Zukunftsfähigkeit,
  • Kultur und Vertrauen,
  • Risikostabilität,
  • und die Exzellenz der Führung.

Für Aufsichtsräte ist es daher essenziell, ungeführte Zustände frühzeitig zu erkennen.

Warum übliche Aufsichtsinstrumente das Wesentliche übersehen

Der Aufsichtsrat stützt sich üblicherweise auf:

  • Berichte der Geschäftsleitung,
  • Balanced Scorecards,
  • Kultur- und Engagement-Umfragen,
  • externe Assessments,
  • Kennzahlen und KPIs,
  • Compliance- und Risikoberichte.

Doch all diese Instrumente haben eine entscheidende Lücke:

Sie messen Ergebnisse, nicht Managementqualität.

Sie zeigen:

  • „Was passiert“ – aber nicht „wie es passiert“.
  • Leistung – aber nicht den Managementprozess dahinter.
  • Stimmung – aber nicht Muster und Zusammenhänge.
  • Risiken – aber nicht die strukturellen Ursachen.

Aufsichtsräte erhalten Narrative, nicht Realität.

Um wirksam zu steuern, brauchen sie ein Instrumentarium, das Managementmuster direkt sichtbar macht.

Die Globale Executive Umfrage: Ein Governance-Tool für Managementqualität

Die Globale Executive Umfrage basiert auf 25 Jahren Forschung mit 500 Organisationen in Europa, Asien, Nord- und Südamerika.

Sie erfasst jene Managementmuster, die in Aufsichtsräten sonst nie sichtbar werden.

Sie zeigt:

  • wie Entscheidungen tatsächlich getroffen werden,
  • wo Zusammenarbeit stockt,
  • wie Lern- und Anpassungsprozesse funktionieren,
  • wie Führungskapazitäten verteilt sind,
  • warum Execution dort scheitert, wo die Strategie klar war,
  • welche systemischen Lücken Innovation bremsen.

Für Aufsichtsräte ist dies ein Durchbruch.

Die Umfrage zeigt das „Unternehmen unter der Wasserlinie“ – jenen Bereich, der Performance und Risiko maßgeblich bestimmt.

Besonders wertvoll sind die Wahrnehmungsdifferenzen, die die Umfrage sichtbar macht:

  • zwischen CEO und Belegschaft,
  • zwischen Anspruch und Realität,
  • zwischen Strategie und Fähigkeit.

Diese Differenzen sind die Wurzel ungeführte Zustände.

Doch wie kann ein Aufsichtsrat sicherstellen, dass diese Daten diskutiert werden – ohne Abwehr oder Gesichtsverlust?

Hier entsteht der Wert des Organisationszwillings.

Der Organisationszwilling: Ein klarer Blick in die Managementrealität

Der Organisationszwilling ist ein digitales Abbild des Managementsystems eines Unternehmens.

Kein Dashboard.

Keine PowerPoint.

Kein Beratungsprodukt.

Sondern ein neutrales Wahrheitsinstrument.

Für den Aufsichtsrat bietet der Twin drei zentrale Vorteile:

1. Entpersonalisierte, systemische Transparenz

Der Twin zeigt Muster – nicht Schuldige.

Er ermöglicht ein objektives Gespräch darüber, wie das Unternehmen funktioniert.

2. Eine sichere Grundlage für Gespräche mit dem CEO

Die Diskussion verlagert sich von:

  • Warum liefert der CEO nicht?

zu

  • Welche Managementmuster behindern Leistung – und wie können wir sie gemeinsam verbessern?

Das stärkt Vertrauen und Klarheit.

3. Eine messbare Basis für Transformation und Aufsicht

Der Twin macht Managementqualität verfolgbar – genauso wie:

  • Risiko,
  • Finanzen,
  • Compliance,
  • Nachhaltigkeit.

Aufsichtsräte erhalten damit erstmals eine klare Sicht auf die Managementbasis der Organisation.

Von ungeführt zur Meisterschaft: Die neue Rolle des Aufsichtsrats

Aufsichtsräte beurteilen Führung, Vergütung, Strategie, Risiko und Kultur.

Doch kaum ein Gremium beurteilt die Qualität des Managementsystems – obwohl diese die Basis von allem anderen ist.

Das Buch Unmanaged hilft, diese Lücke zu schließen.

Es beschreibt neun Attribute der Management-Mastery:

  • Diagnostisch
  • Systemisch
  • Human
  • Holistisch
  • Regenerativ
  • Integriert
  • Distribuiert
  • Einzigartig
  • Interaktiv

Für Aufsichtsräte sind diese Attribute:

  • ein Bewertungsmaßstab für die CEO-Performance,
  • ein Strukturierungstool für Governance-Gespräche,
  • ein Frühwarnsystem für Transformationen,
  • ein Qualitätsrahmen für die Managemententwicklung.

Ein Aufsichtsrat, der Mastery als Governance-Standard etabliert, führt das Unternehmen nicht nur besser – er schützt es auch wirksamer.

Die entscheidende Frage des Aufsichtsrats: Vertrauen wir der Erzählung – oder suchen wir die Realität?

Jedes Gremium steht vor dieser Wahl:

Übernehmen wir die narrative Sicht des CEOs – oder schaffen wir uns ein unabhängiges Bild?

Wer die Erzählung übernimmt:

  • unterschätzt Risiken,
  • übersieht Muster,
  • reagiert zu spät,
  • wird zum passiven Gremium.

Wer die Realität sucht:

  • erkennt ungeführte Zustände frühzeitig,
  • führt bessere strategische Gespräche,
  • unterstützt den CEO wirksam,
  • erfüllt seine Aufsichtspflicht auf hohem Niveau.

Aufsichtsräte können Managementqualität nicht delegieren.

Sie müssen sie steuern.

Und steuern können sie nur, wenn sie sehen.

Ein europäischer Auftrag an den Aufsichtsrat: Management ist Aufsicht – nicht nur operative Führung

Managementqualität ist kein interner Führungsaspekt.

Sie ist ein zentrales Governance-Thema.

Europa steht vor:

  • geopolitischer Unsicherheit,
  • Digitalisierungsschüben,
  • Nachhaltigkeitsanforderungen,
  • Fachkräftemangel,
  • wachsender regulatorischer Komplexität.

Der Engpass ist häufig nicht Leadership – sondern Management.

Nicht die Vision – sondern die Fähigkeit, sie umzusetzen.

Die Globale Executive Umfrage zeigt die Realität.

Der Organisationszwilling macht sie besprechbar.

Unmanaged liefert die Standards.

Zusammen ermöglichen sie europäischen Aufsichtsräten, das zu tun, was ihre Rolle verlangt:

nicht nur den CEO zu überwachen – sondern das Managementsystem zu sichern, das den Unternehmenserfolg trägt.

Das ist die Zukunft der guten Governance.

Das ist der Weg von ungeführt zur Meisterschaft.

Und es ist die Verantwortung – und Chance – des Aufsichtsrats.


Seit 2002 bauen wir Organisationszwillinge mit dem KI-basierten Werkzeugsatz für Management Innovationen.

Kontaktieren Sie Lukas Michel, Autor, Gründer und Eigentümer von Management Insights für mehr Informationen.

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Unser neuestes Buch: Unmanaged: How Mastery in Management Replaces Muddling Through, LID Publishing, London, November 2025

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