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Wenn Manager und Mitarbeitende an den Strand gehen

Wenn Manager und Mitarbeitende an den Strand gehen

Sie haben es gesehen. Gegen Ende Jahr machen Manager und Mitarbeitende einen (Kuh-)Handel mit sich selber. Jene, welche 80% ihrer Ziele erreicht haben, gehen mental an den Strand, da sie nicht daran glauben, die gesteckten Ziele für den Bonus noch zu erreichen. Mehr noch, sie stellen sicher, dass die Verhandlungsbasis für die nächste Saison so tief wie möglich gesetzt ist. Jene, welche mit 120% die Ziele bereits übertroffen haben, tun genau das Gleiche. Mehr tun schadet dem nächsten Zyklus. Menschen treffen kluge Entscheidungen im Sinne der Logik des Systems.

Das Resultat ist, dass die Firma nicht das bekommt, was sie verdient. Leistung wird zurückgehalten. Wichtig dabei ist die Gewissheit, dass rechtschaffenen Menschen dieser Kompromiss vollumfänglich missfällt. Sie müssen sich zwischen den eigenen Vorteilen und den Vorteilen der Firma entscheiden.

Es ist unfair, von Mitarbeitenden diese Entscheidung zu verlangen. Es dumm, wenn argumentiert wird, dass wir MbO (‚Management by Objectives‘ oder Zielvereinbarung und Bewertung) zwar wollen aber die Mitarbeitenden sich gefälligst vernünftig verhalten sollen – d.h. Nachteile hinnehmen sollen. Das System sabotiert den wohlgemeinten Zweck.

Für die Befürworter von MbO, Eigentümer, Führungskräfte und Mitarbeitende, alle als Anwender, HR Spezialisten als Entwickler und Beratende als Gurus, also für die meisten von Ihnen: Nur weil MbO scheinbar einfach ist, weil jedermann es tut, weil Sie schon so viel investiert haben, weil Gurus damit viel Geld verdienen, heisst das noch lange nicht, dass das für die Leistung von Organisationen gut ist!

Das Thema der “Zielvereinbarung” ist möglicherweise das meist-debattierte Thema und eine kontroverse Diskussion in der Führungswissenschaft. Es gibt gute Gründe der Befürworter und der Gegner.

Die Befürworter nehmen Bezug auf Peter Drucker und „Zielorientiertes Verhalten“. Um die positive Kraft des negativen Denkens zu nutzen zeigt die folgende Liste auf, wie die ursprüngliche Idee durch MbO geradezu pervertiert wird. Es ist eine kritische Überlegung wert.

Ziele und Zielvereinbarung …

  • führen zu stress und demotivieren, was die Leistung reduziert. Jeder Golfer kennt, was ich meine. Sie können auch Langeweile verursachen. Der Effekt auf Leistung ist der gleiche.
  • werden oft verordnet, wenn wir das auch vereinbaren nennen. Es ist trotzdem „Tue was ich sage“.
  • tendieren zum Durchschnitt und nicht zu Spitzenleistungen hin. Das ‚Gaming‘ Problem. Es führt auch dazu, dass die persönliche Absicht nicht mit der Organisation übereinstimmt.
  • führen zum „Strand“ Problem. Über- und Untertreffen von Leistung reduziert die Leistung.
  • sind langsam in der Abstimmung. Der Prozess zieht sich über Monate hin während sich die Umstände schon verändert haben.
  • sind unflexibel – in einer dynamischen Welt brauchen sie laufende Anpassung.
  • reduzieren Kommunikation auf Ziele statt Ausrichtung und Sinn. Sie motivieren nicht.
  • ersetzen den gesunden Menschenverstand und fokussieren auf 5-7 Dinge auf einer To-Do Liste.
  • benötigen viel Ausbildung mit wenig Wirkung auf die Leistung.
  • führen zu verpassten Chancen weil sie den Blick auf Ziele statt Möglichkeiten richten.
  • reduzieren die Kraft von Messwerten zur Budgeterfüllung.
  • sind sehr teuer. Organisationen investieren Millionen in die Entwicklung und den Unterhalt dieser Instrumente. Transaktionskosten, welche einfach reduziert werden könnten.
  • sind im täglichen Geschäftsleben an der Front selten ein Thema. Fragen Sie einmal nach!
  • sind immer zuspät. Bewertung der Zielerreichung alle Halbjahre ist nutzlos. Die Fakten können nachträglich nicht verändert werden. Der Lerneffekt ist vernachlässigbar.
  • drehen sich um Dinge, welche einfach zu messen sind. Das geht gehen den Wunsch der integrierten Sichtweise und blendet all das aus, was wirklich zählt.
  • werden oft mit Bonusprogrammen verknüft. Das verstärkt den negativen Effekt.
  • erklären das „was“ aber versagen komplett in der Frage, wie die Leistung verbessert werden kann.

Hier ist mein Punkt: Verwechseln sie nicht “zielorientiertes Handeln” mit “Zielvereinbarung”. Um das auseinander zu nehmen, trenne ich die Diskussion in Zielorientierung, Leistungsmessung und Zielsetzung.

Zielorientierung. Über die positiven Aspekte von zielorientiertem Handeln gibt es keine Zweifel. Es baut auf grundlegenden Fähigkeiten von Menschen auf. Menschen haben kreative Energie, welche nach Entfaltung sucht. Wir sind für zielorientiertes Handel gebaut, und Leistung ist Teil jedes Menschen. Entsprechend suchen Mitarbeitende nach Arbeit mit Zielen, welche für sie Sinn machen, und Arbeit mit einem Zweck, der fürs eigene Leben Sinn hat. Mitarbeitende suchen ein Spielfeld, wo sie ihr Potential entfalten können. Das heisst, dass Organisationen sinnvolle Spielfelder bieten müssen.

Das heisst auch, dass Führung nicht auf zielorientiertes Handeln reduziert werden kann. Führung muss das ganze Spektrum der Möglichkeiten nutzen, um das Handeln, das Verhalten, die Entscheidungen und die Denkweisen für die Bedürfnisse der Kunden einzusetzen. Stark vereinfacht beinhaltet das Repertoire Information & Feedback [Fokus der Arbeit], Ausrichtung [Absicht], Umsetzung [Leistungsmessung], Grundsätze [Zusammenarbeit] und Grenzen [Sinn]. Hierfür gibt es Instrumente und Prozesse. Wir nennen das die Toolbox der Führung. Erfolgreiche Arbeit der Führung heisst, diese Praktiken simultan und situativ zu nutzen.

Leistungsmessung. Leider werden Kennzahlen (oder KPIs als Kritische Performance Indikatoren) oft mit Zielen kombiniert oder gleichgesetzt. Kennzahlen ermöglichen Mitarbeitenden gute Beobachtungspunkte. Als Beobachter lenken sie so den Fokus der Aufmerksamkeit auf die kritischen und wichtigen Dinge. Die Physik nennt das den Beobachtungseffekt. Durch Beobachtung findet Lernen statt und Veränderung setzt ein. Es ist die schnellste Art, Leistung zu ermöglichen.

All jene Lesenden, welche einen technisch anspruchsvollen Sport betreiben wissen genau, was der Fokus der Aufmerksamkeit für ihre Leistung tut. Wenn wir nun KPI mit Zielen versehen, dann schwenkt unsere Aufmerksamkeit auf das, was sein soll und nicht mehr auf das, was gerade ist. Leistung findet im Jetzt statt und nicht in der Zukunft oder der Erwartung. Das zerstört den Effekt der Aufmerksamkeit vollständig. Nochmals zum Sport. „Im Moment wo ich mich auf das Ziel konzentriere, habe ich bereits verloren“. KPI sind sehr wichtig für die Leistung. Aber kombinieren wir sie nicht (überall) mit Zielen. Jeder Mitarbeitende weiss genau, was die richtigen Leistungsstandards sind. Sie brauchen keine ständige Verstärkung durch den Chef. Und es ist besser die Aufmerksamkeit nicht durch Ziele zu stören.

Zielsetzung. Ziele tun wenig Positives für Motivation, Sinn und Verantwortung –jene drei Dinge, welche für die Leistung von Mitarbeitenden relevant sind. Ziele können als wirksames Instrument der Kommunikation zwischen Menschen dienen. Sie sind aber nicht das einzige Instrument der Führung.

Es ist besser, mit Mitarbeitenden über die wichtigen KPIs zu sprechen: Worauf achten sie bei der Tätigkeit? Das hilft den Mitarbeitenden über das zu reden, was ihnen hilft, die Leistung zu verbessern. Gleichzeitig wissen sie als Führungskraft, dass die wichtigen Dinge „unter Beobachtung“, oder wie andere pflegen zu sagen, „unter Kontrolle“ sind. Nutzen sie gleichzeitig die anderen Hebel, Absicht, Zusammenarbeit und Zweck, um Sinnfindung zu ermöglichen.

Ich weiss, dass einige von Ihnen sich jetzt fragen, was soll all das, oder sich sogar betroffen fühlen. Ein STOP und Denken ist angesagt. So hat diese Notiz bereits ihre Wirkung erzielt. Lernen findet durch Beobachtung und durch Erkenntnis statt. Ihr Erlebnis ist der Anfang einer Veränderung. Aber, sind Sie vorsichtig im Umgang mit diesem Thema in Ihrer Organisation.

Die Frage ist, wo Ihre Unternehmung steht und was Sie tun können, um dahin zu kommen. Hier ist eine Idee: Verstehen, was es zu verändern gilt – über die Symptome hinweg zu den Ursachen.

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