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Wenn Wissen führt

Wenn Wissen führt

Wie vorhandene Fähigkeiten helfen, die Herausforderungen der Unternehmensführung in einer turbulenten Zeit zu meistern...

Das Global Peter Drucker Forum 2013 in Wien hat es deutlich gezeigt. Viele Organisationen sind für die wachsenden Herausforderungen einer immer komplexeren Welt schlecht vorbereitet und nutzen das Wissen von bestens qualifizierten Mitarbeitenden wenig effektiv. Die zahlreichen Experten und Führungskräfte aus der ganzen Welt waren sich darüber einig, dass traditionelles Management zum Schliessen dieser Lücke eine grundlegende Revision braucht. Gleichzeitig stellten sich die Teilnehmenden die Frage, weshalb die Realität soweit von der Einsicht entfernt ist? Weshalb wird dieses Wissen nicht wirklich umgesetzt? Der Konsens als Antwort: Managementprinzipien der Industriezeit taugen nur beschränkt, um die Herausforderungen der Wissenszeit zu meistern. Was heisst das nun für die Praxis?

Die Resultate meiner 10-jährigen Forschung und weltweiten Arbeit mit Kunden zu genau diesen Fragen zeigen auf, dass detaillierte Erkenntnisse über den Zustand der eigenen Organisation oft fehlen. So mangelt es an Informationen, wo eine erfolgreiche Intervention ansetzen kann, es wurden meist schlechte Erfahrungen mit wirkungslosen Veränderungen gemacht, und wenig effektive Führungsentwicklung ist häufig ein Signal verpasster Umsetzung.

Das neue Buch The Performance Triangle geht den Ursachen nach und bietet ein einfaches Denkmodell sowie das passende Diagnoseinstrument. Es dient als praktischen Ratgeber für Unternehmer, Manager und Führungskräfte und bietet Antworten auf die zentrale Frage: Wie führe ich meine Organisation in einem turbulenten Umfeld – wenn Wissen führt? Meine Antwort auf VUKA ist die Handlungsfähigkeit der Unternehmensführung.

Höhere Volatilität, mehr Unsicherheit, steigende Komplexität und Ambiguitäten bewirken, dass Unternehmensführung immer anspruchsvoller wird. Bestehende Rezepte wirken oft schlecht oder verfehlen ihre Wirkung gänzlich. Die Beobachtung zeigt, dass zum Beispiel viele Organisationen ‚Management by Objectives‘ ad absurdum geführt haben und hiermit nur langsam auf Veränderungen reagieren können. Oft sind Ziele bereits überholt, wenn diese vereinbart sind. Dies führt zu wertvollem Zeitverlust – Ziele neu verhandeln -, zu hohen Kosten – Ziele neu abstimmen – und beinhaltet beträchtliche Risiken – wer sagt, dass es die richtigen Ziele sind? Solche ‚Viren‘ befallen Organisationen oft unwissentlich und unwillentlich mit verheerenden Auswirkungen. Sie schleichen sich als Störungen über Jahre ein und werden Teil einer infizierten Unternehmenskultur. Wir wissen aus Erfahrung, dass das Beheben dieser Störungen die Leistung von Organisationen und Mitarbeitenden massgebend positiv beeinflusst. Das präzise Wissen um die Art und Wirkung dieser Störungen ist dabei der erste Schritt der Analyse und hat höchste Priorität im Entgiftungsprogramm.

Gleichzeitig hat sich in den letzten 20 Jahren die Art der Arbeit grundlegend verändert. Wissensarbeit wird immer mehr zur dominierenden Arbeitsform. Moderne Technologien machen den Zugang zu Informationen in einem Masse möglich, wie das noch vor wenigen Jahren undenkbar war. Das hat Konsequenzen für die Art der Führung. «In Zeiten, in denen Wissen die kritische Ressource ist, sind alle Menschen Executives» so Peter F. Drucker. Im Durchschnitt zeigen unsere Diagnoseresultate, dass nur 67% des Wissens in Organisationen effektiv genutzt wird. Für eine höhere Leistung von Organisationen gilt es, als zweite Massnahme, diese bestehenden Fähigkeiten besser zu nutzen. Die gute Botschaft ist, dass das Antivirenprogramm die gleiche Intervention verlangt wie neue Arbeitsformen.

Wie passen diese Fähigkeiten zu den gestiegenen Herausforderungen? Moderne Managementprinzipien erlauben Mitarbeitenden, ihren Kopf auch bei der Arbeit zu nutzen. Mit Blick auf das ‚Inner Game‘ heisst das, Bewusstsein, Fokus, Vertrauen und Wahlfreiheit als eigenverantwortliche Prinzipien der Führung zuzulassen. Diese stehen jedoch im krassen Gegensatz zu den uns bekannten industriellen Prinzipien der Führung als Anordnung, Ziele, Kontrolle und detaillierte Verordnungen. Spitzensportler und zunehmend auch Hobbysportler nutzen die mentalen Prinzipien seit langem. Es sind ganz natürliche, vorhandene Fähigkeiten, welche sie aktivieren und zu ihrem Nutzen für Spitzenleistungen einsetzen. Sie wissen auch, dass die alten Prinzipien bei der Wissensarbeit stören. Sie haben gelernt, die störenden Einflüsse zu isolieren.

Für den Umgang mit den gestiegenen Anforderungen des ‚Outer Game‘, den Herausforderungen des Umfeldes und oft auch der Unternehmensinnenwelt, müssen Organisationen das ‚Inner Game‘ unterstützen. Oder «The greater the external challenges accepted by a company, team or individual, the more important it is that there is minimum interference occurring from within». Gallwey, The Inner Game of Work (2000).

In der Konsequenz heisst das, dass Führungskräfte in Organisation ein Umfeld mit möglichst wenigen Störungen schaffen müssen, um Spitzenleistungen zu ermöglichen.
 

Organisation und Management für die Wissenszeit müssen für Menschen gebaut sein. Solche Unternehmen sind schnell, agil, resilient, und handlungsfähig. Sie ermöglichen gute Entscheidungen da, wo die Arbeit geleistet wird und unterstützen deren Umsetzung. Das Performance Dreieck dient als Denkgerüst und Brücke zwischen den Fähigkeiten von Menschen und den Herausforderungen von Organisationen. Es zeigt die Kompetenzen der Führung auf, welche Spitzenleistungen ermöglichen.
 

Der vorbereitende Schritt zu einer erhöhten Handlungsfähigkeit von Organisationen im Zeitalter der Selbstorganisation besteht darin, künftige organisationale Kompetenzen frühzeitig zu erkennen, so dass man hierfür die notwendigen Talente, Teams und Netzwerke identifizieren kann (Anzengruber, 2013). Wie dies gelingen kann zeigt Professorin Johanna Anzengruber in ihrer pionierhaften Arbeit im Bereich des Strategischen Kompetenzmanagements.

Diese Talente (Menschen im Zentrum) machen das Herzstück des Dreiecks aus. Im Sinne von Peter F. Drucker tun Führungskräfte gut daran, sich Folgendes zu Herzen zu nehmen: «Accept the fact that we have to treat almost anybody as a volunteer». Selbstverantwortung ist die Grundlage für Wissensarbeit und Motivation. Das ‚Inner Game‘ fördert nichtwertende Wahrnehmung, Vertrauen in sich selbst und ins Umfeld sowie den Freiraum und die Wahl, den eigenen Weg zu gehen. «Vertrauen ist das schnellste Führungskonzept!» Im Sinne von Reinhard. K. Sprenger, ‚Vertrauen führt‘ (1995) fördert das die Geschwindigkeit in Organisationen durch Entscheidungen an der Kundenfront, durch nutzen des Wissens von fähigen Mitarbeitenden und eine Führung welche nicht stört.

Kultur, Führung und Systeme bilden als Ecken den Rahmen des Dreiecks. Gute Entscheidungen und effektive Handlungen brauchen eine Kultur, welche den gemeinsamen Kontext schafft. Führung muss die Konversation und Interaktion über Sinn, Richtung und Leistung unterstützen. Systeme müssen diagnostisch funktionieren, das heisst, die Aufmerksamkeit auf das lenken, was wichtig ist und jederzeit selbst-organisierte Korrekturen ermöglichen. Der gemeinsame Kontext, intensive Interaktionen, und diagnostische Steuerung machen Organisationen agil. Sie erkennen Signale frühzeitig, interpretieren diese richtig und handeln entsprechend. Das sind prägende Fähigkeiten einer agilen Organisation und Grundlage für Innovation und Wachstum.

Sinn, Zusammenarbeit und Beziehungen halten, als dessen Seiten, das Dreieck zusammen. Für gute Entscheidungen brauchen moderne Wissensarbeitende Sinn. Sinn ist gleichzeitig die Grundlage für Motivation. Sie nutzen interne und externe Beziehungen, um ihr Wissen zu erweitern, es auszutauschen und als Mehrwert für Kunden zu nutzen. Nur Wissen das ausgetauscht und genutzt wird, hat Wert für eine Organisation. So ermöglichen neue Technologien, das Wissen so zu vernetzen, dass daraus Neues entsteht. Um Arbeit in der Wissenszeit zu erledigen, braucht es meist mehr als eine Person. Es ist das kombinierte Wissen, die gemeinsame Erfahrung und der geteilte Nutzen daraus, was Neues entstehen lässt.

In der Konsequenz ist Zusammenarbeit über Grenzen hinweg unabdingbar, wenn die kollektive Intelligenz aller Mitarbeitenden für den besseren Umgang mit einem turbulenten Umfeld genutzt werden soll.

Tiefer Sinn, vernetzte Beziehungen, und barrierefreie Zusammenarbeit sind jene organisationalen Fähigkeiten, welche helfen, externe Schocks und unbeabsichtigte Einflüsse gut abfedern zu können. Sie ermöglichen Resilienz im Sinne, dass sie das Dreieck von Kultur, Führung und Systemen mit Menschen im Zentrum zusammenhalten.

 

 

«Management ist die Kunst, Dinge zu tun». (Eccles und Nohira, 1992) Es sind die Handlungen, welche letztlich den Unterschied ausmachen, nicht Visionen, Ziele und Rezepte. Das Performance Dreieck führt Geschwindigkeit, Agilität und Resilienz zur Handlungsfähigkeit zusammen. Organisationen mit diesen Fähigkeiten nutzen das Wissen in Netzwerken durch Mitarbeitende, welche sich einbringen und schaffen gleichzeitig die organisationalen Fähigkeiten als Kompetenz im Umgang mit den Herausforderungen eines turbulenten Umfelds (Anzengruber, 2013).

Somit wird klar, dass beides, das Nutzen von Wissen und der Umgang mit einem turbulenten Umfeld, die gleichen Fähigkeiten braucht. Oder, Organisationen, welche das Wissen effektiv nutzen, haben das Potenzial, mit den Herausforderungen der neuen Ära effektiv umzugehen. Ein handlungsfähiges Management hat seine eigene Organisation für moderne Mitarbeitende gestaltet. Letztere stehen unmissverständlich im Zentrum.

Das Global Drucker Forum 2013 hat es eindeutig gezeigt: Das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Veränderung von Organisationen ist vorhanden. Da beliebt die Frage, weshalb diese Transformation hin zu modernen Unternehmen nicht oder nur zögerlich geschieht? Die Erfahrung im Einsatz des Performance Dreiecks mit der Diagnostik in vielen Organisationen lehrt uns drei Dinge:

1. Tipps funktionieren nicht. Man lernt nur aus eigener Erfahrung. Es ist (fast) niemand zu finden, der die Erkenntnis nicht teilt, dass traditionelles Management mehr als ein Update braucht. Die Beobachtungspunkte aus dem Diagnostischen Mentoring schärfen das Bewusstsein so weit, dass dieses eigene Erfahrungen ermöglicht. Es fokussierte die Energie so, dass Veränderungen als Willensentscheid der Geschäftsleitung angegangen werden. Für das richtige Design und die Umsetzung gilt es erst einmal, im Kleinen zu experimentieren, Erfahrungen zu sammeln und zu lernen, statt das nächste grosse Veränderungsprojekt zu starten.

2. Die Umstellung ist eine Transformation – sie unterstützt Menschen in ihrer Entwicklung und ändert Verhaltensweisen und Kompetenzen grundlegend. Solche Projekte greifen immer in die Kultur und Führung der Organisation ein und beinhalten somit immer auch Risiken.

Eine wesentliche Entwicklung betrifft die Entscheidungskompetenz. Führungsteams müssen sich entscheiden,

  • wie sie Mitarbeitende engagieren wollen,
  • wie Arbeit koordiniert wird,
  • wie Ziele gesetzt werden,
  • wie verändert wird, und
  • wie Entscheidungen gefällt werden.

Bei jeder dieser fünf Fragen (Adaptiert von Birkinshaw, 2010) besteht die Wahl und Notwendigkeit einer Entscheidung für mehr Selbstverantwortung oder Steuerung durch Führung. Je nach Kombination der Antworten verlangt das ein anderes Design von Management und Organisation.

3. Es braucht Mut zur Arbeit am System - statt immer mehr Führungskräfteentwicklung. Es sind nicht die Führungskräfte im mittleren und unteren Management, welche verhindern, stören oder Mittelmass fördern. Diese tun meist pflichtbewusst ihren Job. Sie haben sich guter ‚Arbeit im System‘ verpflichtet. Moderne Wissensarbeit braucht erst einmal ‚Arbeit am System‘ – das richtige Design von Führung und Organisation für die Herausforderungen eines komplexen und unsicheren Umfeldes. ‚Arbeit am System‘ beginnt beim Führungsteam an der Spitze der Organisation – am besten mit einer Diagnose und klaren Antworten auf die erwähnten fünf Fragen. Die Wahl der richtigen Prinzipien reduziert das Umsetzungsrisiko nachweislich.

Das Performance Dreieck macht diese Kompetenzen und Erfahrungen greifbar und somit gestaltungsfähig. Das dazugehörige Messinstrument schafft Beobachtungspunkte für präzise Interventionen. Als Denkmodell ermöglicht es die Konversation im Führungsteam über die Frage, wie wir unsere Organisation führen. Henry Mintzberg führt prägend aus: «Management, above all, is a practice where art, science, and craft meet». Das Handwerk der Führung von Wissensarbeit braucht die richtigen Werkzeuge. Das Design dieser Werkzeuge ist abhängig vom spezifischen Kontext und den Bedürfnissen der Mitarbeitenden. So wird Management als ‚kundenorientierte‘ Dienstleistung gesehen und rückt die Mitarbeitenden als dessen ‚Kunden‘ ins Zentrum.

Wenn wissen führt, dann braucht Management das richtige Design. So zu sagen als positiver Nebeneffekt macht das Führung handlungsfähig für den besseren Umgang mit einem turbulenten Umfeld. Da jede Organisation nur die besten Mitarbeitenden anstellt, sind die hierfür notwendigen Fähigkeiten (meist) vorhanden. Es bleibt der Willensentscheid der Geschäftsführung, die notwendigen Veränderungen anzupacken, damit die Potenziale zu aktivieren und diese zu Gunsten der Organisation und Kunden einzusetzen. 

Literatur
Anzengruber, J. (2013). SKM, die Strategie des Erfolgs - das Kompetenzmanagement bei der Siemens AG. In J. Erpenbeck, L. von Rosenstiel, & S. Grote, Kompetenzmodelle von Unternehmen: Mit praktischen Hinweisen für ein erfolgreiches Management von Kompetenzen (S. 315-327). Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
Birkinshaw, J. (2010). Reinventing Management. Chichester, John Wiley.
Eccles, R., & Nohira, N. (1992). Beyond the hype. Boston: Harvard Business School Press.
Gallwey, W. (2000). The inner game of work. New York: Random House.
Sprenger, R. (2007). Vertrauen führt. Worauf es in Unternehmen ankommt. Frankfurt a M.: Campus.


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